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Mjassischtschew VM-T Atlant

Als Gegenstück zum amerikanischen Space Shuttle arbeitete die Sowjetunion in den 70er Jahren ein einer eigenen Raumfähre, dem Buran-Programm. Aufgrund der enormen Distanzen zwischen den Fertigungsorten und dem Raumfahrtzentrum in Baikonur kam ein Transport wichtiger Komponenten nur auf dem Luftweg in Frage. Zu diesem Zweck sollte Antonow ein entsprechendes Transportflugzeug entwickeln und schlug eine Maschine auf Basis der An-124 Ruslan vor. Aus dem Projekt sollte später die berühmte An-225 Myria werden. Doch das Raumfahrtprogramm machte größere Fortschritte als der Transporter, und so musste eine Überganglösung gefunden werden. Das Mjassischtschew-Konstruktionsbüro warf eine Variante des strategischen Bombers 3M „Bison“ ins Rennen, die ihre Last quasi Huckepack auf dem Rücken tragen sollte. Mangels realistischer Alternativen begannen die Ingenieure schließlich im Jahr 1978 mit den Entwurfsarbeiten. Vor allem das Heck stand im Fokus. Um das bisher einteilige Leitwerk aus den von der Außenlast erzeugten Turbulenzen zu halten wählten die Konstrukteure ein neues Leitwerk mit zwei Endscheiben. Außerdem verlängerten sie den hinteren Rumpf um sieben Meter und verstärkten die Struktur entsprechend. Als Antrieb kam das stärkere WD-7MD zum Einsatz. Weitere Modifikationen umfassten ein angepasstes Flugsteuerungs- und Treibstoffsystem, verstärkte äußere Fahrwerke und Gestänge auf dem Rumpf zur Befestigung des Transportguts.

Das Konstruktionsbüro erhielt nach einigem Tauziehen schließlich drei als Tanker umgebaute ehemalige Bomber von den sowjetischen Luftstreitkräften, die umgerüstet werden sollten. Als statische Versuchszelle diente die Maschine mit der Konstruktionsnummer 9301504. Die zwei flugfähigen Exemplare bekamen die Kennungen SSSR-1402 (9301402) und SSSR-1502 (9301502).
Zu Ehren des am 14. Oktober 1978 verstorbenen Konstrukteurs Wladimir Mjassischtschew erhielt der Transporter die Bezeichnung WM-T und den Namen „Atlant“ nach dem riesigen Himmelsträger Atlas aus der griechischen Mythologie. Keine zwei Jahre nach Beginn der Arbeiten konnte das erste Exemplar (SSSR-1402) am 29. April 1981 zu seinem Jungfernflug starten. Der erste Flug mit einer Nutzlast erfolgte am 6. Januar 1982, ein wahrlich spektakulärer Anblick, denn Tank der Energija-Startrakete war fast genauso lang wie sein Träger, und der Durchmesser war mehr als doppelt so groß wie der Rumpfquerschnitt der Atlant. Am 25. Januar 1982 stieß das zweite Flugzeug zur Flotte. Insgesamt führten die beiden WM-T mehr als 150 Flüge nach Baikonur durch. Je nach Art der Last konnte die Atlant nicht vollbetankt starten; daher war bis zur Modifikation mit einer Luftbetankungssonde eine Zwischenlandung nötig. Schließlich flogen auch mehrere Buran-Raumgleiter Huckepack nach Baikonur, allerdings aus Gründen der aerodynamischen Stabilität ohne ihr Seitenleitwerk. Die maximale Nutzlast der WM-T betrug 32 Tonnen (plus Treibstoff). Zur Be- und Entladung dienten zwei riesige Gerüste (60 Meter breit und 20 Meter hoch) samt Kran, je eines in Shukowski und in Leninsk bei Baikonur.